Dienstag, 2. Dezember 2008
Liebesgeschichten
Für Dich, Prinzessin Hase.
Anrufung des Grossen Bären
(von Ingeborg Bachmann)

Grosser Bär, komm herab, zottige Nacht,
Wolkenpelztier mit den alten Augen,
Sternenaugen,
durch das Dickicht brechen schimmernd
deine Pfoten mit den Krallen,
Sternenkrallen,
wachsam halten wir die Herden,
doch gebannt von dir, und misstrauen
deinen müden Flanken und den scharfen
halbentblössten Zähnen,
alter Bär.

Ein Zapfen: eure Welt.
Ihr: die Schuppen dran.
Ich treib sie, roll sie
von den Tannen im Anfang
zu den Tannen am Ende,
schnaub sie an, prüf sie im Maul
und pack zu mit den Tatzen.

Fürchtet euch oder fürchtet euch nicht!
Zahlt in den Klingelbeutel und gebt
dem blinden Mann ein gutes Wort,
dass er den Bären an der Leine hält.
Und würzt die Lämmer gut.

‚s könnt sein, dass dieser Bär
sich losreisst, nicht mehr droht
und alle Zapfen jagt, die von den Tannen
gefallen sind, den grossen, geflügelten,
die aus dem Paradiese stürzten.

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